Die Bedeutung von Kennzeichnungen in der Gebäudeautomation:

In der Gebäudeautomation spielen Benutzerschlüssel eine zentrale Rolle: Sie dienen dazu, einzelne Ein- und Ausgabefunktionen (Datenpunkte) innerhalb eines GA-Systems eindeutig zu identifizieren.

Gerade bei größeren Projekten – oft mit mehreren Herstellern, Errichtern oder unterschiedlichen Systemen – ist ein einheitliches Kennzeichnungssystem unverzichtbar.
Nur so lassen sich beim Bedienen, Betreiben und Inbetriebnehmen die Anlagen, Automationsschwerpunkte und Funktionen klar und effizient zuordnen.

1. Warum eine einheitliche Kennzeichnung so wichtig ist

In fast jedem GA-Projekt arbeiten verschiedene Gewerke zusammen: Heizung, Lüftung, Elektro, Kälte usw.
Jedes dieser Gewerke hat seine eigene Sprache, seinen eigenen Fachjargon und seine eigenen Vorstellungen von den Systemen.
Das ist völlig natürlich, aber genau hier liegt eine der größten Herausforderungen:
Alle Beteiligten müssen auf einen gemeinsamen Nenner kommen, damit in Planung, Ausführung und Betrieb dasselbe verstanden wird – und nicht jeder sein eigenes System etabliert.

Ein Beispiel:
Ein Heizungsbauer stellt sich bei einem Ventil meist das physische Bauteil vor – den Körper, durch den das Wasser fließt.
Für die Gebäudeautomation hingegen ist das Entscheidende am Ventil das Signal zur Ventilsteuerung: die Stellgröße (z. B. ein Prozentwert von 0–100 %), mit der ein Stellantrieb das Ventil öffnet oder schließt und somit den Durchfluss beeinflusst.

Damit diese Welten zusammenpassen, braucht es klare, einheitliche Bezeichnungen für alle Anlagen, Betriebsmittel und Datenpunkte (heute Ein-und Ausgabefunktionen genannt).

2. Typische Probleme in der Praxis

In der Praxis zeigt sich häufig:
Viele Gewerke sehen die Kennzeichnung anfangs als nebensächlich oder interessieren sich nicht dafür.
Gerade Betreiber kennen oft die Vorteile nicht oder unterschätzen die Bedeutung eines guten Systems.
In der Folge schlägt die Gebäudeautomation irgendwann selbstständig einen Schlüssel vor oder verwendet einen eigenen – was zwar kurzfristig hilft, aber langfristig zu Chaos führen kann.

Unkoordinierte Kennzeichnung führt zu:

  • doppelten oder widersprüchlichen Bezeichnungen,

  • Missverständnissen zwischen den Gewerken,

  • erhöhtem Aufwand bei Dokumentation, Inbetriebnahme und späterem Betrieb.

  • Revisionsdokumentation am Ende des Projektes wird der absolute Wahnsinn. 

 

Deshalb sollte die Festlegung eines einheitlichen Systems so früh wie möglich erfolgen – am besten noch vor der Erstellung von Schemen und Zeichnungen.

3. Wichtige Begriffe: Anlagenkennzeichen, Betriebsmittelkennzeichen und Benutzerschlüssel

Häufig begegnen einem im Projekt verschiedene Begriffe:

  • Anlagenkennzeichen (AKZ): Kennzeichnung einer kompletten Anlage (z. B. einer Lüftungsanlage).

  • Betriebsmittelkennzeichen (BMK): Kennzeichnung eines einzelnen Bauteils innerhalb einer Anlage (z. B. eines Ventilators oder Fühlers).

  • Benutzerschlüssel oder Benutzeradressierungssystem: Oberbegriff für das gesamte System, das Anlagen, Betriebsmittel und Datenpunkte eindeutig strukturiert.

  • Hausschlüssel oder Datenpunktschlüssel hört man hier und dort auch noch. Damit ist in der Regel auch der Benutzerschlüssel gemeint. 

 

Wichtig ist:


Alle Beteiligten müssen dieselbe Sprache sprechen.
Eine kurze, klare Definition von Begriffen reicht oft schon aus, um die Grundlagen für das ganze Projekt zu legen.

Was sagt die VDI 3814 dazu?

Die VDI 3814 führt zunächst die Begriffe ein und definiert sie eindeutig. Anschließend folgen im Blatt 4.1 (Ausgabe 2019) praxisnahe Beispiele und Empfehlungen für deren Anwendung.

AKS – Anlagenkennzeichnungssystem

Das AKS kennzeichnet die technische Anlage innerhalb einer Liegenschaft.
Ob Lüftungsanlage, Heizung, Kälte- oder Raumautomation – jede Anlage bekommt ein eindeutiges Kürzel, meist bestehend aus Ort, Gewerk und Anlagennummer.
Beispiel: K_HG_ASP01_TKA01 für Teilklimaanlage 01 im Hauptgebäude, ASP01.
Ziel: Anlagen eindeutig identifizieren und zuordnen – in der Planung, in den Dokumenten und über den Lebenszyklusphasen hinweg.

BKS – Betriebsmittelkennzeichnungssystem

Das BKS beschreibt die konkreten Komponenten innerhalb einer Anlage – z. B. Ventile, Pumpen, Klappen, Sensoren oder Ventilatoren.
Es ist der Teil, der physische Betriebsmittel eindeutig beschreibt.
Beispiel: ZUV_M01 für Zuluftventilator, Motor 01.
Ziel: Betriebsmittel eindeutig innerhalb ihrer Anlage identifizieren.

BAS – Benutzeradressierungssystem

Das BAS beschreibt die Funktion eines z.B.  Betriebsmittels aus Sicht der Gebäudeautomation.
Ob Schaltbefehl, Rückmeldung, Betriebsstundenzähler oder Trend-Log – jede GA-Funktion bekommt eine eigene Adresse.
Beispiel: SB_01 für Schaltbefehl 01, MW_01 für Messwert 01.
Ziel: Datenpunkte eindeutig adressieren – für eindeutige Planung, Visualisierung, Inbetriebnahme und Betrieb.

Trennzeichen im Kennzeichnungssystem

Für die Trennung der einzelnen Bestandteile eines Kennzeichnungssystems können verschiedene Trennzeichen verwendet werden – üblich sind z. B. Unterstriche (_), Bindestriche (-) oder Tilden (~).
Entscheidend ist dabei nicht das Zeichen selbst, sondern dass die verwendeten Trennzeichen eindeutig definiert, konsequent im gesamten Projekt angewendet und allen Projektbeteiligten frühzeitig mitgeteilt werden – idealerweise über einen One-Pager oder Leitfaden.

💡 Praxis-Tipp:
Anbieter und Errichter, die im weiteren Projektverlauf eingebunden werden, müssen unbedingt prüfen, ob ihre eingesetzten Tools, Systeme und Plattformen mit dem gewählten Trennzeichen umgehen können.
Gerade bei Automationssystemen, Leitsystemen oder auch bei der Weiterverarbeitung in Excel, SQL-Datenbanken oder GA-Software kommt es in der Praxis immer wieder zu Kompatibilitätsproblemen – z. B. weil ein Bindestrich als Minuszeichen interpretiert wird oder ein Unterstrich nicht zulässig ist.

👉 Dieser Punkt sollte daher aktiv angesprochen und frühzeitig im Projekt abgestimmt werden, um spätere Konflikte oder unnötige Anpassungsaufwände zu vermeiden.

5. Praxisbeispiel – angelehnt an VDI 3814, Beispiel 2

Ein konsistenter Benutzerschlüssel nach VDI 3814, wie er z. B. in dem Beispiel 2 des Blattes 4 oder realen Projekten im Bereich Lüftung eingesetzt wird:

K_HG_ASP01_L_TKA01_ZUV_M01_SB_01

Bedeutung im Detail:

BlockInhaltBeschreibung
KKlinikLiegenschaft
HGHauptgebäudeGebäude
ASP01Automationsschwerpunkt 01Schaltschrankzuordnung
LLüftung (nach DIN 276-1: 430)Gewerk
TKA01Teilklimaanlage 01Anlage
ZUVZuluftventilatorAggregat
M01Motor 01Betriebsmittel
SBSchaltbefehlFunktion
01Laufende Nummerggf. Erweiterung bei mehreren gleichen Datenpunkten

Weitere Beispiele aus demselben Projekt:

  • K_HG_ASP01_L_TKA01_PPE_M01_BM_01 – Vorerhitzer-Pumpe, Betriebsmeldung

  • K_HG_ASP01_L_TKA01_VEN_Y01_ST_01 – Regelventil, Stellgröße

  • K_HG_ASP01_L_TKA01_TZU_B01_MW_01 – Zuluftfühler, Messwert

  • K_HG_ASP01_L_TKA01_BSK_S01_RMZ01 – Brandschutzklappe, Rückmeldung ZU

Diese Form der Kennzeichnung bietet eine durchgängige Lesbarkeit, ist für alle Beteiligten verständlich und lässt sich problemlos auf Feldgeräte, Softwareadressen und Dokumentationen übertragen.

5. Fazit

Kennzeichnungssysteme und Namen für Datenpunkte existieren in jedem Projekt – ob geplant oder ungeplant.
Sobald eine Automationsstation programmiert oder eine Visualisierung aufgebaut wird, müssen Bezeichnungen vergeben werden. Die Frage ist also nicht, ob ein Kennzeichnungssystem verwendet wird – sondern wie durchdacht, einheitlich und nachvollziehbar es ist.

Deshalb lohnt es sich in jedem Projekt, sich frühzeitig mit diesem Thema auseinanderzusetzen – und ein einheitliches, projektweites Kennzeichnungssystem einzuführen.
Ob man dabei auf ein bekanntes System wie das der VDI 3814 zurückgreift, oder sich z.B. am BACtwin orientiert ist zunächst zweitrangig – entscheidend ist, dass alle Beteiligten damit arbeiten können und es konsequent umgesetzt wird.

💡 Praxis-Tipp:
Selbst wenn man sein eigenes System verwendet, ist es oft schon ausreichend, es einmalig zu definieren und in einer Projektvorlage (z. B. Excel, Word) für alle zu dokumentieren.
Das ist immer besser, als jeden Hersteller oder Errichter eigene Wege gehen zu lassen. Denn in der Praxis zeigt sich immer wieder:

Je mehr Systeme später zusammengeführt werden müssen, desto größer ist der Aufwand, wenn jeder Hersteller „seinen eigenen Schlüssel“ verwendet hat.

Ein gutes Kennzeichnungssystem schafft:

  • Klarheit im Projekt

  • Sicherheit bei Übergaben und Prüfungen

  • Vereinfacht Visualisierungen auf Bediensystemen
  • Effizienz bei Betrieb, Wartung und Erweiterung

📂 Hinweis:
Auf Anfrage stelle ich Euch gerne eine Excel-Vorlage zur Verfügung, die sich an der VDI 3814 orientiert und bereits typische Strukturen und Kürzel enthält.
Diese kann leicht an projektspezifische Anforderungen angepasst werden und dient als hilfreiche Basis für die Einführung eines standardisierten Systems.

👉 Wer hier zu Beginn investiert, spart sich später viel Zeit, Geld und Nerven – und vermeidet Chaos im Datenpunkt-Dschungel.