Automationsfunktionen in der Gebäudeautomation: Ein umfassender Überblick

Die Gebäudeautomation (GA) basiert auf einer Vielzahl von Automationsfunktionen, die zusammenarbeiten, um einen effizienten, komfortablen und sicheren Gebäudebetrieb zu gewährleisten.

Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Arten von Automationsfunktionen, ihre Bedeutung und ihren Einsatz innerhalb eines GA-Systems. 

Arten von Automationsfunktionen

Die VDI 3814 Blatt 3.1 (VDI 3814 Blatt 3.1 (Automationsfunktionen [2019-01]), n.d., pp. 73–74) klassifiziert und beschreibt detailliert zahlreiche Automationsfunktionen. Diese lassen sich grob in folgende Kategorien einteilen:

1. Ein-/Ausgabefunktionen (Datenpunkte): Diese Funktionen bilden die Schnittstelle zwischen der physischen Welt (Sensoren, Aktoren) und dem GA-System.

Sie erfassen Daten von Sensoren (z.B. Temperatur, Helligkeit, Feuchtigkeit) und steuern Aktoren (z.B. Pumpen, Ventile, Ventilatoren, Beleuchtung, etc…). Die VDI 3814 Blatt 4.3 [2022-07] unterscheidet dabei zwischen analogen und binären Ein- und Ausgängen, sowie virtuellen/gemeinsamen und komplexen Datenpunkten. Alle Ein-/Ausgabefunktionen (Datenpunkte) haben dabei einen eindeutigen Namen (Benutzeradressschlüssel BAS) und einen Klartext z.B. Temperaturfühler. Beispiele für Ein-/Ausgabefunktionen sind:

  • Analoger Eingang (AI): Erfasst kontinuierliche Werte wie Temperatur oder Luftdruck.
  • Binärer Eingang (BI/MI): Erfasst diskrete Zustände wie “Ein/Aus” oder mehrere Zustände eines Sensors z.B. Frostschutzwächter, Thermokontakt, …
  • Analoger Ausgang (AO): Steuert kontinuierliche Werte wie die Stellgröße eines Ventils, Frequenzumrichters, …
  • Binärer Ausgang (BO/MO): Steuert diskrete Zustände wie das Ein- und Ausschalten einer Pumpe, Ventilators oder Kältemaschinenanforderung.
  • Wertefunktionen: Sollwerte, Betriebszustände, berechnete Daten für das GA-System. Auch gemeinsame Wertefunktionen
    • Gemeinsame Wertefunktionen: Daten aus einem anderem Teilsystem integrieren (einlesen) und weiterverarbeitet z.B. die gemeinsame Aussentemperatur einer anderen Automationseinrichtung.
  • Komplexe Datenpunkte: Diese repräsentieren interne, komplexe GA-Funktionen, wie z.B. Zeitprogramme, Kalenderfunktionen oder Meldungsklassen für Alarme. Sie sind keine direkten Verbindungen zu physikalischen Größen, sondern repräsentieren höhere, zusammengesetzte Funktionen innerhalb des Systems.
2. Anwendungsfunktionen: Diese Funktionen verarbeiten die von den I/O-Funktionen bereitgestellten Daten, berechnen, werten aus und steuern z.B. die Aktoren entsprechend der definierten Regelstrategien. Beispiele sind:

Überwachungs- und Steuerfunktionen: Diese Funktionen überwachen den Betrieb der Anlage und melden Abweichungen oder Fehler. Beispiele aus der VDI 3814 Blatt 3.1 sind:

  • Grenzwertüberwachung: Überwacht einen analogen Eingang (z.B. Temperatur, Druck, Füllstand) auf das Überschreiten oder Unterschreiten eines definierten Grenzwerts. Wird der Grenzwert überschritten oder unterschritten, wird ein Alarm ausgelöst oder eine Aktion durchgeführt. 
  • Betriebsstundenüberwachung: Misst die Betriebsdauer einer Anlage. Nützlich für die Planung von Wartungsarbeiten.
  • Ereignisüberwachung: Zählt die Anzahl von Ereignissen (z.B. Türöffnungen, Alarme).
  • Befehlsausführungsüberwachung: Überprüft, ob ein Befehl erfolgreich ausgeführt wurde. Achtung: Rückmeldung benötigt.
  • Motorsteuerung: Steuert den Betrieb eines elektrischen Motors, inklusive Start/Stopp, Betriebszustandsüberwachung, Fehlererkennung, Verriegelungen und Zeitfunktionen. Beispiel: Ein Lüftermotor wird über das GA-System gesteuert und bei Überschreitung eines Temperaturgrenzwerts eingeschaltet. Fehler (z.B. Überstrom) führen zum Abschalten und Alarmierung. Manuelle Steuerung ist ebenfalls möglich.

Regelungsfunktionen: 

  • Temperaturregelung: Regelt die Raumtemperatur durch Ansteuerung von Heizkörpern oder Klimaanlagen, basierend auf der kontinuierlichen Messung der Ist-Temperatur und Vergleich mit dem Sollwert.
  • Feuchtigkeitsregelung: Regelt die Luftfeuchtigkeit durch Ansteuerung von Befeuchtern oder Entfeuchtern, basierend auf der kontinuierlichen Messung der Ist-Feuchtigkeit und Vergleich mit dem Sollwert.

Optimierungsfunktionen: Diese Funktionen analysieren die Daten und optimieren den Gebäudebetrieb, um Energie zu sparen und die Kosten zu senken. (VDI 3814 Blatt 4.3 (GA-Automationsschema, GA-Funktionsliste, GA-Funktionsbeschreibung [2022-07]), n.d., pp. 39–40) Beispiele sind:

  • Energiemodus: Schaltet in Abhängigkeit von der Auslastung in verschiedene Energie-Betriebsmodi um.
  • Nachtkühlung: Optimiert die Nutzung von “kalter” Aussenluft in der Nacht.
  • Schaltzeitpunktoptimierung: Optimiert die Schaltzeiten von Anlagenkomponenten.
Raumautomation: Beleuchtung und Sonnenschutz

Die Raumautomation konzentriert sich auf die automatisierte Steuerung und Regelung einzelner Räume oder Zonen innerhalb eines Gebäudes. Zwei wichtige Aspekte sind die Beleuchtungssteuerung und der Sonnenschutz.

Beleuchtung: Die Beleuchtungssteuerung kann verschiedene Funktionen umfassen, die oft in Kombination eingesetzt werden:

  • Präsenzmelder: Schalten die Beleuchtung automatisch ein, wenn Personen einen Raum betreten, und aus, wenn der Raum verlassen wird.
  • Tageslichtsteuerung: Regelt die künstliche Beleuchtung in Abhängigkeit von der verfügbaren Tageslichteinstrahlung. Bei ausreichend Tageslicht wird die künstliche Beleuchtung reduziert oder ausgeschaltet.
  • Lichtszenen: Ermöglichen die Auswahl verschiedener Beleuchtungsszenarien (z.B. Arbeitslicht, Leselicht, Partylicht) mit unterschiedlichen Lichtintensitäten und Farbtemperaturen.
  • Konstantlichtregelung: Steuert die Helligkeit der Beleuchtung stufenlos, um den Lichtbedarf an die jeweilige Situation anzupassen.

Sonnenschutz: Der Sonnenschutz wird automatisiert gesteuert, um Überhitzung zu vermeiden und den visuellen Komfort zu verbessern:

  • Sonnenautomatik: Steuert den Sonnenschutz in Abhängigkeit von der Sonneneinstrahlung und der Raumtemperatur. Bei starker Sonneneinstrahlung wird der Sonnenschutz automatisch geschlossen.
  • Wetterschutz: Schützt den Sonnenschutz vor Beschädigungen durch Wind, Regen oder Schnee. Bei starkem Wind oder Regen wird der Sonnenschutz automatisch eingefahren.
  • Zeitgesteuerte Steuerung: Ermöglicht die automatische Steuerung des Sonnenschutzes zu bestimmten Tageszeiten.

3. Bedienung und Anzeige: Diese Funktionen ermöglichen die zentrale Bedienung und Überwachung des GA-Systems. 
  • Grafiken: Definiert die zur späteren Bedienung und Anzeige verfügbaren: Grafiken, Anlagenbilder und z.B. Diagramm. 
  • Dynamisierung: Welche Informationen sollen angezeigt werden. Ermöglicht die gesteuerte Auswahl der benötigen Daten. 
  • Historisierung in Datenbank: Legt fest, welche Daten für eine “Langzeit” Sicherung auf einem Server z.B. File Server abgespeichert werden. Notwendig für historische Berichte der letzten Jahre. 

Bedeutung der Automationsfunktionen

Die korrekte Auswahl und Implementierung von Automationsfunktionen ist entscheidend für den Erfolg eines GA-Projekts. Sie beeinflussen:

  • Energieeffizienz: Optimierte Steuerungs- und Regelungsfunktionen reduzieren den Energieverbrauch.
  • Komfort: Automatisierte Funktionen sorgen für ein angenehmes Raumklima und eine effiziente Nutzung der Gebäudetechnik.
  • Sicherheit: Automatisierte Sicherheitsfunktionen erhöhen die Sicherheit des Gebäudes.
  • Wirtschaftlichkeit: Reduzierte Energiekosten und effizienter Betrieb senken die Betriebskosten.

Interaktion der Automationsfunktionen

Die verschiedenen Automationsfunktionen interagieren miteinander und bilden ein komplexes System. Die Daten werden zwischen den Funktionen ausgetauscht und verarbeitet, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Eine Funktionsblockdarstellung (siehe weitere Blogbeiträge) kann diese Interaktionen visualisieren.

Funktionsblockdarstellung
Funktionsblockdarstellung

Fazit

Automationsfunktionen sind das Herzstück der Gebäudeautomation. Eine sorgfältige Planung und Implementierung dieser Funktionen ist unerlässlich, um die Vorteile der GA voll auszuschöpfen und einen optimalen Gebäudebetrieb zu gewährleisten. Die VDI 3814 bietet einen umfassenden Rahmen für die Definition und Spezifikation dieser Funktionen siehe Blatt 3.1. Die Funktionen werden in der GA-Funktionsliste zuammengefasst und dargestellt. 


Dieser Artikel bietet einen Überblick. Für detailliertere Informationen zu spezifischen Automationsfunktionen empfehle ich die Lektüre der VDI 3814 Richtlinien.